Die Mär des Trios

 

Es ist ein Starrsinn der Bundesanwaltschaft zu behaupten, der NSU habe nur auf drei Personen bezogen. Würde die Bundesanwaltschaft sich eingestehen das ihre Behauptung jetzt anders ist, müsste man den Prozess neu beginnen lassen, die die Anklageschrift nicht mehr zu halten.

Dr. Diemer sagte in seiner Einleitung für das begonnene Plädoyer, „das es nach der RAF kein schlimmes Verbrechen wie der NSU den Atmen die Bundesrepublik angehalten hat“.

Der Unterschied ist, das die RAF damals Bekennerschreiben verfasste, und der Staat wusste mit wem er es zu tun hatte. Der „NSU“ hingeben, mordete ohne erkennbare Handschrift. Man wusste erst durch die „Bekennervideos“ das es einen NSU gegeben hatte.

Jahrelang wurden in allen möglichen Richtigen ermittelt. Nur der Blick nach rechts war getrübt.

Es gab vor dem NSU auch einen schweren Anschlag mit rechtsextremen Hintergrund. Wiederholt wird dies von der von der Bundesanwalt unter den Tisch gekehrt. Damals wie heute wird an eine Theorie festgehalten. Damals war G. Köhler der alleinige Täter, und heute hat man das Trio an dem festgehalten wird.

Aber nun zum NSU. Schon der Bundestagsuntersuchungsausschuss kam zum Schluss, das die Bundesanwaltschaft zu schnell und eilig sich auf Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe festgelegt haben.

Es ist natürlich einfach zu sprechen, wenn man zweit Tote Männer hat, und eine Frau die darüber schweigt.

Welche Taten den NSU genau zugerechnet werden können, ist immer noch nicht sicher geklärt. Klar haben das BKA das vieles zusammengetragen, doch durch den politischen Druck musste schnellst möglich eine tragfähige Anklageschrift folgen, da Zschäpe und Wohlleben in Untersuchungshaft saßen.

Das auch anders geht zeigen zum Beispiel das LKA Baden-Württemberg, die nach langer aufwendiger Arbeit nach dem Kiesewetter Mord ermittelten. Sie kamen zum Schluss das es min.bis zu sechs Personen am Tatort gewesen sein müssen. Doch seit dem 4.11 der NSU ans Tageslicht kam, und das BKA übernahm, galt die zweit Täter Theorie bzw. Tatsache. Alles was das LKA BaWü ermittelte wurde, wurde über Bord geworfen, und weil man ja im ausgebrannten Wohnmobil von Böhnhardt und Mundlos die Waffen der Polizisten fand. Deshalb waren sie die beiden die Täter.

Sich aber nach weiteren Tätern Ausschau zuhalten, kam das BKA nicht. Zusätzlich fand man in der ausgebrannten Wohnung in der Frühlingsstraße in einem verkohlten Zimmer eine Jogginghose. Diese waren mit Blutanhaftungen von M.Kiesewetter bespritzt. Dazu in einer Tasche ein Tempo dies Mundlos benutzt habe.

Für das LAK BaWü ein Unding wie sich einige Beamte beschwerten, ihre Ermittlungsgruppe musste alle Unterlagen an den GBA schicken, als er sich dieser Sache annahm. Wenn sie heute noch noch Nachforschungen in Fall Theresienwiese anstellen wollen, müssen sie beim BKA nach ihren eigenen Akten nachfragen, ob sie diese bekommen können. Und das BKA entscheidet ob es relevant ist oder nicht.

Der andere Fall ist auf das iranische Lebensmittelgeschäft in der Probsteigasse in Köln. Für die BAW ist es klar, wie jetzt am Donnerstag vorgetragen wurde, das entweder Mundlos oder Böhnhardt diesen Sprengsatz in das Geschäft abgelegt hatten. Eine BKA Beamtin hatte berechtigte Zweifel an dieser Täterschaft. Sie ging zu ihren Vorgesetzten, meinte da dies nicht stimmen könnte. Das ein Zeichnung von dem mutmaßlichen Täter könne nicht die beiden Uwes gewesen sein, sondern jemand anders ähnlich sieht. Es wäre nämlich ein V Mann gewesen, und das darf ja nicht sein. Sie wurde von ihrem Vorgesetzten die Schranken verwiesen, das man zum Schluss kam es können nur die beiden bekannten Männer aus Jena sein.

Wieder ein Fall, was nicht sein darf, darf auch nicht anders sein.

Wie schon Clemens Binniger in seiner Abschlussrede vor dem Bundestag gesagt hatte, wir wissen auch nicht wie es war, aber auf die Fixierung auf das Trio wie der GBAs nur das im Blick zu hatte, das hat uns nicht überzeugt.

Des weiteren fand auch der Vorsitzende den UA in Berlin das es sträflich gewesen ist, das man die Wohnung in der Polenzstrasse nich nach DNA und Fingerabdrücke untersucht hat. Um festzustellen wer da noch in der Wohnung war.

Ein wichtiger Zeuge wäre M. Dienelt zum Beispiel gewesen. Dieser wohnte seit eigener Aussage des öfteren mit in der Polenzstrasse. Er sagte nur bei seiner Aussage das er recht wenig mitbekommen habe, da er geschlafen hätte. Ist das glaubwürdig wenn man angeblich mit dem Trio unter einem Dach lebt?

Bei dem Plädoyer griffen die Bundesanwaltschaft auch die Nebenklage direkt an. Die Nebenkläger hätten ihren Mandaten versprochen, das es rechte Hintermänner gegeben hätte. Dies habe sich ja nicht erwiesen. Täter alleine wären Böhnhardt und Mundlos, weitere Anhaltspunkte für Mittäter und Unterstützer gab es keine.

Somit wird auch gegen die restlichen neun Beschuldigten kein Verfahren eröffnet, und gegen den unbekannten auch nicht.

Böhnhardt, Mundlos und Böhnhardt sind Täter, keine Frage. Nur man muss aufklären für welche Taten. Denn die Bundesanwaltschaft hat keinen Reim darauf warum die Mordserie mal unterbrochen wurde, und dann 2006 ganz aufhört.

Nächsten Montag geht es weiter, man darf gespannt sein was die Vertretung des Generalbundesanwalts diesmal uns für glaubhaft erklären wollen.

Der letzte Auftritt

In jeder Hinsicht war 9. 3. 2017 der letzte Auftritt im Bundestagsuntersuchungsausschuss NSU. Denn für den Ausschuss war es die letzte Sitzung in der Zeugen gehört wurden, und der Zeuge selber Bundesanwalt Dr. Herbert Diemer wird keinen vergleichbaren Fall wie den NSU auf den Tisch bekommen.

Nach dem im November 2011 der mutmaßliche NSU aufgeflogen war, übernahm der jetzige 63 jährige die Führung als Bundesanwalt für diesen Fall. Beim ihm gelangten alle Nachrichten zusammen, und wenn er selber etwas genauer wissen wollte, telefonierte Diemer auch schon, um der Sache auf den Grund zu gehen.

Zu Seite standen ihm die beiden Staatsanwälte Anette Greger, die im ständigen Austausch mit dem BKA (Asservatenfunde) stand und Jochen Weingarten. In der Anfangszeit halfen auch noch 10 weitere Staatsanwälte mit das Aufkommen der Informationen abzuarbeiten. Den nichts Vergleichbaren war in der Bundesrepublik passiert.
Man habe dann schnell alles an sich gezogen, so wie die Pressehoheit, was sehr wichtig war. Auch die Sache mit den Geheimdiensten machte man alles selber, das Greger und Weingarten in Erfurt bzw. in Wiesbaden waren wegen der Temme Geschichte.

Im Laufe die Zeit konnten wir gegen 5 Beschuldigte Anklage erheben und gegen 9 andre haben wir den Beschuldigtenstatus. Und wir ermitteln gegen unbekannt weiter, falls sich neue Erkenntnisse ergeben sollten.
Der Vorsitzende C. Binninger möchte wissen, da die EG Umfeld in BAWÜ ein Netzwerk von 50 Personen ausgemacht hatte, die die drei gekannt haben sollten. Darauf gab es eine knappe Antwort. Es wäre nicht schlecht, was die EG Umfeld da ermittelt hatte. Wir haben uns die Spuren angesehen welche gut und welche nicht gut waren. Die Guten haben wir dann weiterverfolgt, und die anderen waren nicht zielführend zum NSU.
Eine sehr wichtige Frage für den Ausschuss war die Frage, ob die NSU aus nur drei Leuten bestand.
Darauf hatte auch Diemer eine Antwort, Zschäpe wäre Mittäterin gewesen aber nicht am aber nicht am Tatort und Mundlos und Böhnhardt waren die Täter, andere Personen wären nicht am Tatort gewesen.
Darauf sagte der Vorsitzende im Ausschuss, dasss keine DNA am Tatort gäbe, denn außer in Köln bei dem Nagelbombenattentat hätte man keine Beweise zu Mundlos und Böhnhardt.
Diemer meinte dazu, man habe doch die Bekenner DVD. Wie in vielen weiteren Fragen war dies für die Bundesanwaltschaft dass Wichtigste zu sein. Dazu kommen, dasss man dann Tage später die Tatwaffe eine Ceska 83 gefunden hätte, und die Waffe der Polizistin M. Kiesewetter. Dazu sind wir froh, dass wir nicht nur DNA haben, denn welchen Wert hätte dies denn. Wir können im strafprozessualen Sagen es waren zwei. Zschäpe war der Kitt, hat alles gemacht und erledigt. Doch so einfach hätten sie es sich dann doch nicht gemacht, denn nach der Frage, ob man nach dem Fund der Bekenner DVD und der Waffe fertig gewesen wäre, kam die Antwort, dass der Kas noch nicht gegessen gewesen wäre.
Man merkt Diemer merklich an das ihm solche Fragen nicht gefallen, die seine Behörde angreifen und ins schlechte Licht rücken würden. Darum kommen die nächsten Antworten unbeherrscht an. Wie auf die Frage das bei dem Mond an M. Kiesewetter und ihren Kollegen Martin Arnold, die hätten sehr viel Blut verloren. Und es gab viele Zeugen, diese sahen einige Leute mit blutverschmierten Oberteilen rings um den Tatort in Heilbronn.

Die damalige EG Parkplatz nannte die Zeugen stimmig, nur das BKA nach Nov. 2011 nicht. Die lapidare Antwort von Diemer, er wisse das nicht, aber das viel Blut verloren wurde. Das sah man ja an Mundlos seiner Jogginghose.
Diese fand man in der ausgebrannten Wohnung in der Frühlingsstraße in Zwickau. Diese Jogginghose ist für viel ein umstrittenes Beweismittel, da sich dort ein Taschentuch von Mundlos darin befand. Und am Hosenende, minimale Blutanhaftungen der toten Polizistin darauf befinden.
Auch könne er sich nicht erklären, warum die Mordserie nach 2 ½ Jahre mal unterbrochen wurde. Genau, wie 2006 nach dem Mord in Kassel aufhört mit den Ceska Morden, und dann 2007 nochmal in Heilbronn anfängt und dann bis auf die Banküberfälle nichts mehr passiert.

Dafür hat eine Erklärung, denn 2007 sollte eine Art Höhepunkt gegen den Staat werden. Also gegen die Polizei, dann man wusste, dass Uwe Böhnhardt einen Hass auf die Polizei hatte. Aber, warum dann Schluss war, keine Ahnung.
Die Abgeordneten lassen auf Sache mit den nur drei Personen nicht auf sich beruhen, und wollen wissen, weil doch auf der Bekenner DVD von einem Netzwerk von Kameraden die Sprache ist, wie sich das Dr. Diemer dies interpretiert. Dieser meint, das Netzwerk wäre ein Wunschdenken von Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt gewesen. Mehr Personen geht auch nicht, den sonst hätte man nicht 13 Jahre im Untergrund leben können.

Auch nach der Frage das die Morde und Banküberfalle alle in der Zeit passiert sind als die „3“ in der Polenzstraße gewohnt hätten ausgenommen die Banküberfälle 2011. Ob dies nicht komisch ist, dass Sie dann ab 2008 dann in die bürgerliche Frühlingsstraße gezogen sind. Dort habe Zschäpe alleine gewohnt und die beiden Männer wären sehr oft weg gewesen. Auch keinen Verdacht warum? Doch, vielleicht hätten die beiden Männer gewisse Sehnsucht nach einem realen Leben zuführen gehabt.
Ist denn bei der Polenzstraße keiner auf die Idee gekommen diesemal auseinander zunehmen. Denn Binninger der auch, wie sein CDU-Kollege früher Polizist gewesen ist, hätten zu RAF Zeiten die Wohnung auseinandergenommen um DNA, zu finden. Nein war die Antwort, denn wir fanden es nicht als wichtig an. Und zudem wohnt jetzt jemand dort.

Auch in der Sache mit der Hauptangeklagten Beate Zschäpe gab es scheinbar Sachen, die hätte man besser aufklären können, wenn man es gewollt hätte.
Die Fragen des Ausschusses bezüglich das Zschäpe sich mal einen Rechtsanwalt zu Rat holte als sie im Untergrund war, hätte man dort man nicht nachfragen sollen, was sie von diesem wollte. Na da hätte man ja diesen von seiner anwaltlichen Schweigepflicht entbinden müssen, war die fast entrüstete Antwort. Diemer meinte als Zschäpe vor den Haftrichter in Karlsruhe vorgeführt wurde, der Haftrichter war er selber, sagte sie ja sie hätte sich nicht, gestellt um nichts zu sagen. Da wollten die Abgeordneten dann sofort wissen, ob man die einmalige Chance ergriffen hätte. Doch Bundesanwalt Diemer meinte nur, nein wir haben uns nichts versprochen, dass sie etwas sagt. Ein großes Stauen in dem Rund des Untersuchungsausschusses. Hätte man damals eine große Chance gehabt, um viele Umstände, wie warum wurden, diese Opfer ausgesucht, und andere wichtige Themen.
Doch man hat sich nichts davon versprochen, warum bleibt ein Rätsel.

Auch auf dass Thema Frühlingstrasse dort habe keiner der 3 vom 1.11 bis zu 3.11 gewohnt. Erst ab dem 3.11 sein wieder der Pc in Betrieb gewesen. Warum weshalb hab es keine Erkenntnisse dazu, und wer mit Zschäpe in der Frühlingsstraße gewohnt habe ob Mundlos oder Böhnhardt gab es keine befriedigte Antwort. Er wisse es nicht.

Die kommenden Antworten sind immer die gleichen, auf die Fragen, warum nicht vor dem Briefkasten vor dem Wohnhaus in der Frühlingsstraße keine DIN 4 mit DVD gefunden wurden. Dieser wurde als die Löscharbeiten begangen abmontiert und an einem sicheren Ort geöffnet. Doch ein Zeuge sagte aus, dass sich keine Umschläge darin befanden.

Auch wie man weiß das es Böhnhardt und Mundlos das Attentat in der Probsteigasse in Köln waren? Ja von der CD. Dem Ausschuss fällt, da nicht mehr ein das es sich um eine DVD gehandelt hatte.
Doch dann kam wieder so eine Antwort, die jeder im Saal nicht so vermutet hätte, den die Frage war, wer für die Bundesanwaltschaft und dem BKA der wichtigste Zeuge war. Ein ganz ungeheurer wichtiger Zeuge wäre Tino Brandt gewesen. Der habe wichtige Hinweise gegeben.
Auch zu Fragen zu Ralf Marschner, der mutmaßlich Mundlos bei sich auf dem Bau arbeiten lies und Zschäpe in seinem Laden. Da wiegelte er ab, denn Marschner der V-Mann im BFV war, ist nicht eng an den Dreien dran gewesen.

Dann sind alle Mitglieder des Ausschusses ermüdet, und man merkt, wie sich einige Fragen ziehen. Das Einzige, was die Bundesanwaltschaft aufschreckte, war, dass es so schnell zu einem Haftprüfungstermin seitens des BGH gekommen ist. Aber auch was Gutes war,es denn man könnte dann gegen 5 Personen Anklage ergeben. Denn dass Zschäpe frei rumläuft wäre undenkbar gewesen.
Die letzten Fragen ist eine, ob es Vorbesprechungen gab seitens der Anwaltschaft und dem Verfassungsschutz. Erst sagte er, dass er keine Erinnerungen dazu hat, dann man hat sie einfach geladen und dann war es gut. Und dann, dass es Vorbesprechungen hatte, als es um V Mann Piatto ging und dem V Mann Helfer.

Dann ging es noch um die Geschichte um Jan Werners verschwundenen SMS. Dies wollte nur noch die Fraktion die Linken wissen. Keine Ahnung.
So ging der Letzte Untersuchungsausschusses des NSU in Berlin zu Ende.
Wie auch schon bei den anderen Staatsanwälten Weingarten und Greger könnte sich Diemer nicht mit Rum bekleckern, denn er bestätigte das, was vielen bekannt sein dürfte. Zuviel dunkle bis schwarze Löcher bei der Aufklärung des NSU. Und das es am Ende nur drei Personen sein sollen, glaub heute eh keiner mehr.
Ob es einen weiteren Ausschuss gibt, liegt auch im dunkeln….

 

Wie weit darf ein Staat gehen?

Wie weit darf ein Staat gehen?

Als am 4. November 2011 der sogenannte NSU aufgeflogen war, kannte die Empörung keine Grenzen mehr, das drei Neonazis 13 Jahre im Untergrund leben konnten, ohne das die Staatsbehörden etwas davon mitbekommen haben sollten.
Jeder war betroffen, selbst die Bundeskanzlerin versprach den Hinterbliebenen rasche und vollständige Aufklärung.
Doch was die Ermittlungsbehörden herausgefunden haben, ist in vielen Teilen unzureichend bzw. wurden erst im Prozess in München durch fleißige Nebenkläger und einigen Journalisten herausgearbeitet.
Es ist gerade in Hinblick nur auf das Trio Mundlos Zschäpe und Böhnhardt abgestellt worden. Man hatte sich den evtl. Unterstützerkreis von 1998 bemächtigt, doch wer alles in Zwickau und Chemnitz in Betracht kam ,wurde merkwürdigerweise bis auf Andre Eminger nicht angeklagt oder durch die Bundesanwaltschaft gegen unbekannt neun andere Ermittlungsverfahren eröffnet. Wichtige Unterstützer wie Thomas Starke, der durch das Verfahren der Bundesanwaltschaft quasi geschützt wird. Vor Gericht dürfen er und weitere Beschuldigte den § 55 ziehen, in dem sie Schweigen, weil sie sich sonst selber belasten würden. Im übrigen ist dieser Thomas Starke jetzt Müller auch V-Mann gewesen. Dieser verschaffte dem sogenannten Trio vor dem abtauchen TNT. Und als diese aus Jena „umzogen“ waren, nach Chemnitz war er der erste Mittelsmann der ihnen eine Unterkunft verschaffte.
Von Anfang an war er ein V-Mann oder ein Diener des Staates am Trio dran. Doch trotzdem wollte keiner dieser Staatsorgane gewusst haben wo dieses vermeintliche Trio war. Böhnhardt und Mundlos durften unbehelligt 1999 ihre ersten Überfälle auf einen Supermarkt begehen, um das Leben in Chemnitz erstmals sicher zu stellen.

Das selbst Staatsschützer die sich nichts dabei denken, welche Verantwortung sie selber tragen, beweist der V-Mannführer Andreas Temme. Dieser war bei dem letzten Mord der NSU Serie in Kassel 2006 dabei.
Dieser will laut seiner Aussage nichts gehört bzw. nichts gesehen haben als sich der Mord ereignet hatte. Wie er am letzten Montag im Untersuchungsausschuss in Hessen sagte, ging er privat in eine Kneipe wo die Rocker der Bandios trafen. Temme kam mit einem T Shirt 81 ( Hells Angels) in diese Kneipe. Wie er in sein Tagebuch schrieb, wäre die Wirtin sehr laut geworden, und hätte ihn aufgefordert zu gehen.
In vielen Teilen Deutschland wurden die Gruppierung der Hells Angels verboten wegen dem 129§ krimineller Vereinigung. Das dies ein Verfassungsschützer nicht wusste, darf bezweifelt werden. Das nötige Trennungsgebot wurde dabei nicht eingehalten worden, auch nicht Konsequenzen gezogen als bekannt wurde das Temme in seiner Jungendzeit „klein Adolf“ genannt wurde. Temme wurde nach der Tat in eine andere Behörde versetzt, und wurde im Jahr 2010 befördert und ist jetzt Amtmann. Zudem wurde auch bekannt, das er seinen V-Mann B.Gärtner den er führte, zu gut in einer Beurteilung 2004 durch kommen ließ. Wie er selber einräumte, sei er zu euphorisch gewesen wenn es um den V-Mann ging. Stattdessen wäre seine Quelle nicht sehr ergiebig gewesen.

Dann darf ein Bundesstaatsanwalt heute im Untersuchungsausschuss in Berlin aussagen, der in München die Anklage des Staates vertritt. Diese unterbindet in Regelmäßigkeit Anträge der Nebenkläger die an Aufklärung interessiert sind. Warum diese Anträge der Nebenklage nicht zugelassen werden, kann man nur spekulieren. Hat man ein Gesicht zu verlieren, das es heißt man hat schlecht ermittelt bzw. nicht genug und nicht ausreichend ermittelt. Wie im Fall wieder ein V-Mann diesmal Ralf Maschner diesen man nicht als so wichtig erschien. Gerade dieser war in Zwickau eine sehr wichtige Neonazi Person. Und es ist aus heutiger Sicht nicht glaubwürdig, das er Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe nicht gekannt haben will. Gerade in Hinblick das er Andre Eminger und dessen Frau sehr gut kannte. Zudem ist Oberstaatsanwalt Jochen Weingarten eine zentrale ermittelnde Figur wenn um die Mordwaffe der Ceska geht. Er war nicht nur bei den Vernehmungen des Carsten S. der die Ceska den beiden Uwes besorgt haben soll dabei. Dieser war auch dabei, wenn es die Kette der möglichen Beschaffer der Ceska, ins stocken geriet. Es sagte ein Kripobeamter in München aus, der ein Verhör durch führte mit einem dieser Mittelsmänner bzw. Beschaffer. Als sich OSA Weingarten kurz Bericht erstatten lies, was die Aussage erbracht hatte, war dies ihm nicht genügend. Deshalb musste dieser Zeuge nochmal zur Aussage kommen, und der OSA Weingarten am Bundesgerichtshof in Karlsruhe ließ es sich nicht nehmen, deshalb nach Jena zu kommen. Danach war die Aussage wie man diese auch haben wollte.

Wie er heute in Berlin bekundete, war sein Augenmerk auf den Bereich Personen und Komplexermittlungen gerichtet. Als die Parlamentarier ob es DNA Funde an den Tatorten von Böhnhardt und Mundlos gab, waren ihm diese nicht bekannt. Zu dem sei auch kein kein „enzyklopädisches Lexikon“ zum Thema NSU wie er dem Ausschussvorsitzenden C. Binninger erklärte. Auch an dem Mord der getöteten Polizistin M. Kiesewetter konnte er auch nichts beitragen, nachdem die Ausschussmitglieder fragten, da fremde DNA an Kiesewetter bzw. Arnolds Oberteile gefunden wurden. Diese waren weder von Mundlos oder Böhnhardt. Doch gelten diese beiden als mutmaßliche Mörder von der Polizeibeamtin. Auch wurden keine weiteren Spuren ausgewertet die nach dem Fund der Polizeiwaffen gefunden wurden. Denn anonyme DNA Spuren würden nicht im Fokus unseres Problembewusst sein stehen so der Oberstaatsanwalt in Berlin.

Da war es wieder mal die besagte Aufklärung des NSU nach dem Auffliegen Es wurde nur in Richtung der drei ermittelt. Es durften keine weiteren Mitglieder bzw. Unterstützer des NSU geben. Denn der NSU sei ja nur eine singuläre Vereinigung aus drei Personen gewesen.

Wie weit noch gemauert wird, und das Recht auf die wahre Aufklärung genommen wird, wenn selbst der Staat ein Versprechen gab bedingungslos aufzuklären, ist weiter offen. Die Nebenkläger werden sich nach einem Urteil in München dies nicht auf sich beruhen lassen.
Doch leider hat es den Anschein das die Bevölkerung das Interesse an Aufklärung verloren hat. Zuviel komplexe Themen haben diese müde gemacht, um sich das Recht einzufordern die Wahrheit doch noch zu bekommen. Und die Hinterbliebenen der Ermordeten bleibt nur die Hoffnung das die Wahrheit siegt…

Quelle: OSA Weingarten zum Teil Twitternachrichten
Quelle: Temme selbst erlebte Aussage am 6.6.2016 im UA in Hessen
Sonstige Aussagen erlebtes aus dem NSU Prozess in München in 221 Tagen von mir selbst

Staatsanwalt Meyer-Manoras, der nach dem 04.11.2011 in eine andere Richtung lenkte ( „Was Nebenkläger vor laufenden Kameras sagen, interessiert mich nicht.“)

„Umpolung“ –
Die Ermittlungen im Polizistenmord von Heilbronn werden seit dem 4. November 2011 in eine bestimmte Richtung gelenkt. Staatsanwalt Meyer-Manoras und LKA-Beamtin Rieger vor dem NSU-Untersuchungsausschuss in Baden-Württemberg

„Umpolung“ bezeichnet einen Vorgang, bei dem alle Einzelteile eines Systems komplett und einheitlich neu ausgerichtet werden. Eine Erscheinung in der Natur, die aber auch in sozialen Systemen vorkommen kann. Bei den Ermittlungen zum Polizistenmord von Heilbronn fand nach dem 4. November 2011 eine Umpolung statt, die bei Behörden, Politikern, aber auch Medien bis heute anhält. Wie sie funktioniert, zeigte die Vernehmung des Staatsanwaltes Christoph Meyer-Manoras und der Kriminalbeamtin Sabine Rieger vor dem NSU-Ausschuss in Stuttgart am 24. Juli.

Die Ermittler kamen – vor 2011 – zu der Einschätzung, die Tat auf der heilbronner Theresienwiese wurde von vier bis sechs Personen begangen. Mehrere Zeugen hatten drei verschiedene blutverschmierte Männer gesehen. Das LKA sah mehrere Phantombilder als wertvoll an, wollte aber, um die Öffentlichkeit nicht zu verwirren, nur drei zur Fahndung herausgeben. Der Staatsanwalt allerdings untersagte jegliche Veröffentlichung von Phantombildern. Am 4. November 2011 änderte sich dann zudem die Ermittlungsrichtung komplett. Der NSU mit den Mitgliedern Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe wurde bekannt. Seither schreibt die Bundesanwaltschaft (BAW) die Tat, allen begründeten Zweifeln zum Trotz, Böhnhardt und Mundlos und nur ihnen allein zu. Und diesem Dogma folgen nun alle – vom Landesinnenminister bis zum Staatsanwalt von Heilbronn. Dass keines (!) der Phantombilder auch nur annähernd Böhnhardt und Mundlos ähnelt, stellt nicht etwa ihre Anwesenheit in Frage, sondern wird umgekehrt als Beleg genommen, dass die Zeugen nicht die Täter gesehen haben. Die blutverschmierten Männer sollen also nichts mit der Tat zu tun gehabt haben, sondern alle rein zufällig um dieselbe Zeit in der selben Gegend herumgelaufen sein. So werden Regeln der formalen Logik auf den Kopf gestellt.

Anderes Beispiel: Videoaufzeichnungen aus Geschäften und Tankstellen rund um den Tatort. Sie wurden jahrelang nicht ausgewertet. Wonach hätte man suchen sollen?, fragte der Zeuge Staatsanwalt den Untersuchungsausschuss rhetorisch. Wonach wohl? Zum Beispiel nach Personen, die den Phantombildern ähneln. Erst nach 2011 wurden die Videos ausgewertet. Weil man nun darauf nicht Böhnhardt oder Mundlos sieht, betrachtet der Staatsanwalt das als nachträgliche Rechtfertigung für die Nichtauswertung der Videos. Anstatt, dass sich auch dadurch Zweifel an ihrer Anwesenheit ergäben. Der Staatsanwalt benutzt das Böhnhardt-Mundlos-zwei-Täter-Dogma als Rechtfertigung für die Unterlassung und Verschleppung der Ermittlungen nach 2007, die er mit zu verantworten hat.

Die Ermittler kamen – vor 2011 – zu dem Ergebnis, die Angreifer mussten zwei Rechtshänder gewesen sein. Mundlos habe links des Streifenwagens der Fahrerin Kiesewetter in den Kopf geschossen, Böhnhardt rechts dem Beifahrer Arnold. Doch Böhnhardt war Linkshänder. Damit stimmt die Schussbahn nicht überein. Ein Linkshänder hätte weiter vorne stehen müssen, wäre vom Opfer gesehen worden und in die Schussbahn des anderen Täters geraten. Staatsanwalt Meyer-Manoras räumte vor dem Ausschuss ein, dass er darüber erst seit der Ausstrahlung einer TV-Dokumentation („Kampf um die Wahrheit“, 3sat, 6.7.2015) nachgedacht und ihn das ins Grübeln gebracht habe. Ziemlich freihändig meinte er dann aber, vielleicht habe ja Böhnhardt links auf Kiesewetter geschossen und Mundlos rechts auf Arnold. Motto: Wenn ein Puzzleteil nicht passt, macht man es eben passend. Von derartigen Mängeln war der Auftritt des Zeugen geprägt.

Hinzu kamen Polemiken, die einem Funktionsträger nicht zustehen. Wie schon vor dem NSU-Bundestagsausschuss qualifizierte er Zeugen, die blutverschmierte Männer sahen, ab. Zum Beispiel die damals 71jährige Frau W., die gegen 14 Uhr am Tattag am südlichen Eingang zur Theresienwiese einen heraneilenden blutverschmierten Mann sah, der in ein wartendes Auto einstieg. Die Zeugin glaubte auch, einige Zeit vorher Schüsse gehört zu haben. Wie schon in Berlin stellte Staatsanwalt Mayer-Manoras auch in Stuttgart den Sachverhalt unvollständig und manipulativ dar. Seine Version geht so: Die Zeugin W. habe von der Stelle, wo sie Schüsse vernommen habe, bis zu der Stelle, wo sie den blutverschmierten Mann gesehen haben will, mit ihrem Auto 40 Sekunden gebraucht. Doch die 400 Meter vom Tatort zu besagter Ampel könne man nicht in 40 Sekunden laufen. Süffisant fügte er den Weltrekord und den Weltrekordhalter über 400 Meter hinzu. Die Aussage der Frau sei deshalb unglaubwürdig. Nicht wenige Medien übernehmen diese Erzählung ungeprüft. Jedoch: An der Darstellung des Staatsanwaltes stimmt so gut wie nichts. Erstens beträgt die Entfernung vom Tatort zu der Ampel nicht 400 Meter, sondern maximal 300 Meter. Zweitens braucht man für die Strecke, die Frau W. im Auto bis zu jener Ampel zurücklegte, nicht 40 Sekunden, sondern mindestens 60 Sekunden. (Die Ampelphase nicht mitgerechnet.) Und drittens hat die Zeugin vielleicht gar keine Schüsse gehört, sondern zerplatzende Luftballons. Zu dieser Überlegung kam jedenfalls die SoKo Parkplatz, die die Tat und die Zeugenaussagen während eines Frühlingsfestes nachstellte. Dabei fiel den Ermittlern im südlichen Bereich des Festplatzes Theresienwiese ein Luftballonstand auf. Das alles wiederum ist Staatsanwalt Meyer-Manoras bestens bekannt. Er hat es zum zweiten Mal einem Ausschuss verschwiegen.

Ein letztes Beispiel für die Haltung des „Ersten Staatsanwaltes“ von Heilbronn sei nicht vorenthalten: Der Ausschussvorsitzende Wolfgang Drexler (SPD) konfrontiert ihn mit der Aussage von Rechtsanwalt Walter Martinek, der Martin A. vertritt, jenen Polizeibeamten, der den Anschlag mit viel Glück schwerverletzt überlebt hat. Der Anwalt, so Drexler, habe gegenüber dem SWR die Ermittlungen kritisiert, das berufliche und private Umfeld des Opfers sei nicht durchleuchtet worden. Antwort Meyer-Manoras: „Was Nebenkläger vor laufenden Kameras sagen, interessiert mich nicht.“

Die Liste ließe sich fortsetzen. Der Staatsanwalt mag mit seinem Verhalten zwar politisch folgsam sein, für die Ermittlungen aber ist er ein Problem.

Seit dem 4.11.2011 ist das gesamte Landeskriminalamt (LKA) von Baden-Württemberg durch die Vorgaben der BAW „umgepolt“. Die Ermittlungen sollten nur noch die Täterschaft von Böhnhardt und Mundlos „nachweisen“ und nicht mehr rückhaltlos und in alle Richtungen erfolgen. Zu welchen Konsequenzen das führte, dokumentierte die Vernehmung der LKA-Beamtin Sabine Rieger auf drastische Weise. Ein Paradebeispiel: Michèle Kiesewetter verbrachte den Abend vor ihrem Tod mit dem Kollegen Marcello P. (Er wurde am 24. Juli vom Ausschuss in einem Nebenraum gehört.) P. hatte in seiner Vernehmung durch das LKA im Dezember 2010 angegeben, ihm und Kiesewetter sei an jenem Abend in Böblingen ein Mann aufgefallen, der sie auffällig beobachtet habe. Als ihm die Ermittler (u.a. Sabine Rieger) die Phantombilder von Heilbronn vorlegten, deutete er auf das Bild, das nach den Angaben des schwerverletzten Beamten Martin A. gezeichnet worden war. (Im Ermittlungsbericht das 14. Phantombild, offiziell aber Bild Nr. 7) Sie seien elektrisiert gewesen, so die LKA-Vertreterin gegenüber dem Ausschuss. Doch dann kam der 4.11.2011 mit dem Auffliegen des NSU und der Festlegung auf Böhnhardt und Mundlos als die alleinigen Attentäter von Heilbronn. Am 16. November 2011 wurden P. erneut Lichtbilder vorgelegt, die nach einem Zufallsprinzip ausgewählt wurden – vor allem zusätzlich aber auch ein Bild von Uwe Böhnhardt. „Wenn er jetzt nicht auf Böhnhardt zeigt, hat seine Aussage keine Bedeutung“, habe sie damals gedacht, so die LKA-Beamtin Rieger vor dem Ausschuss. Tatsächlich zeigte P. nicht auf Böhnhardt, sondern auf eine andere Person. Doch die galt als „verfahrensunbeteiligte Person“, weil sie keine Ähnlichkeit mit Böhnhardt oder Mundlos aufwies. Die Folge: dem Hinweis des Beamten wurde „keine weitere Bedeutung zugemessen“. Die Festlegung auf die „zwei Uwes“ als Täter erwies sich damit als Falle. Eine verordnete Ermittlungsrichtung mit verheerendem kriminalistischem Ergebnis. Als die Kriminalhauptkommissarin von der Abgeordneten Petra Häffner (Grüne) gefragt wird, wieviele Spuren verworfen worden seien, weil sie nicht zu „NSU“ gepasst haben, versteht sie zunächst die Frage gar nicht. Die Umpolung ist perfekt.

„Die Ermittlungen waren nach dem 4.11.2011 darauf ausgerichtet, die Täterschaft von Mundlos und Böhnhardt nachzuweisen.“ Zitat Innenminister Reinhold Gall, Juli 2013. Auch die grün-rote Landesregierung unterstützt bis heute dieses Dogma. Das nennt man tendenziös – ist aber gescheitert: Denn auch diese Ermittlungen mit Schlagseite konnten „keinen eindeutigen Nachweis erbringen, dass Böhnhardt und Mundlos am Tattag in unmittelbarer Tatortnähe Theresienwiese waren“. (Zitat BKA-Ermittlungsbericht, Oktober 2012) Das wiederum kann bedeuten: Die wahren Täter oder Mittäter laufen noch frei herum. Und die Verantwortung dafür haben die Bundesanwaltschaft, der Landesinnenminister, das LKA und auch der Erste Staatsanwalt von Heilbronn.

Warum aber soll der Staatsanwalt 2007 die Ermittlungen hintertrieben und die Phantombilder unterdrückt haben? Gute Frage. Sie gilt aber auch für die übergeordnetere, warum die Bundesanwaltschaft nicht weitere und andere Täter sucht, als die zwei Uwes. Viele Hinweise legen inzwischen nahe, dass die Phantombilder reale Personen zeigen. Möglicherweise Personen, die besser nicht mit der Tat in Verbindung gebracht werden sollten. Meyer-Manoras muss das nicht selber gewusst haben, es reicht, dass er möglicherweise bestimmten „Ratschlägen“ von irgendeiner Seite gefolgt ist. Warum soll das abwegig sein? Dass unter der Regie der SoKo Parkplatz Nummer 1 Aktenmanipulationen vorgenommen wurden, ist jedenfalls belegt. Sie wurden im Untersuchungsausschuss bisher nur angesprochen, sind aber nicht aufgeklärt. Die Nichtveröffentlichung der Phantombilder war mit dem Generalstaatsanwalt von Stuttgart, Klaus Pflieger, abgesprochen. Vielleicht kam die Anweisung sogar von dort. Jedenfalls sind wir damit endgültig auf der politischen Ebene des Falles angekommen – und ganz nah am Justizminister, der damals Ulrich Goll hieß und der heute für die FDP-Fraktion im Untersuchungsausschuss sitzt. Wie soll er sein eigenes Regierungshandeln untersuchen? Er müsste sich selber als Zeuge befragen.

Eine „Umpolung“ ist das eine. Sie zu als solche zu erkennen, das andere. Wer aber nicht unabhängig ist, sondern selber Teil des Systems, dem wird das nicht gelingen. Und das wiederum ist die Voraussetzung für eine erfolgreiche Umpolung.

Thomas Moser
(7.8.2015)

Ungeklärter Polizistenmord – Warum waren kurz vor dem Anschlag mehrere Streifenwagen auf und an der Theresienwiese in Heilbronn?

Ungeklärter Polizistenmord – Warum waren kurz vor dem Anschlag mehrere Streifenwagen auf und an der Theresienwiese in Heilbronn?

Er ist vermutlich der Schlüssel zum gesamten NSU-Verbrechenskomplex: Mord Nummer zehn an der Polizeibeamtin Michèle Kiesewetter am 25. April 2007 auf dem Festplatz Theresienwiese in Heilbronn. Die Tat ist nicht aufgeklärt. Das Motiv ebenso. An der Behauptung der Bundesanwaltschaft, die Täter seien Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos gewesen, und nur sie, gibt es begründete Zweifel. Spuren führen auch in die Reihen der Polizei selber. Ihnen wird nicht nachgegangen. Mehrere Zeugen sahen in den 40 Minuten vor dem Anschlag an vier verschiedenen Stellen auf und an der Theresienwiese Streifenwagen der Polizei.

*

Die beiden Opfer des Anschlages, Michèle Kiesewetter und ihr Kollege Martin Arnold, verbrachten die Mittagszeit ab 12:30 Uhr im Polizeirevier in Heilbronn. Um 13:45 Uhr brachen sie mit ihrem Wagen, einem 5er BMW, zur Fortsetzung ihres Streifendienstes auf. Es soll der einzige BMW gewesen sein, der an diesem Tag in Heilbronn im Einsatz war. Das Fahrzeug gehörte der BFE-Sondereinheit in Böblingen (Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit) und wurde unter anderem für den Objektschutz us-amerikanischer Einrichtungen eingesetzt. Kiesewetter und Arnold steuerten die Theresienwiese an, wo sie etwa zwei Stunden zuvor, um 11:30 Uhr, bereits Pause gemacht hatten. Warum sie erneut dort hinfuhren, ist unklar. Um13:55 Uhr kamen sie auf dem Festplatz an und parkten neben der Trafo- und Pumpstation. Um 13:58 Uhr fielen die zwei Schüsse, die Kiesewetter töteten und Arnold lebensgefährlich verletzten.

13:20 Uhr: Die erste protokollierte Beobachtung eines Streifenwagens vor der Tat in Tatortnähe. Der Zeuge W. ist mit seinem Auto auf dem Weg von Böckingen nach Heilbronn, überquert den Neckar und bemerkt linker Hand in Gegenrichtung am südlichen Rand der Theresienwiese auf dem Gehweg ein stehendes Polizeiauto. Als Marke erkennt er einen 5er BMW. Beamte sieht er nicht. Von einem zweiten Polizei-BMW ist bisher nirgendwo die Rede. Das Fahrzeug und seine Besatzung sind nicht identifiziert. Um wen es sich gehandelt haben könnte, ist unklar.

Zwischen 13:40 und 13:45 Uhr: Der Zeuge L., 16 Jahre alt, passiert zu Fuß auf dem Weg am nördlichen Rand die Theresienwiese. Neben dem Strom- und Pumphäuschen fällt ihm ein Polizeifahrzeug auf, das er als Kombi beschreibt. Nach seiner Erinnerung steht es mit der Vorderseite Richtung Neckar. Ob jemand drin saß, kann er nicht sagen.

13:45 Uhr: Der Zeuge K. passiert mit seinem Fahrrad dieselbe Stelle, das nördliche Ende der Theresienwiese. Er bemerkt ebenfalls einen Streifenwagen, allerdings nicht neben dem Häuschen, sondern etwas entfernt an der Böschung zum Radweg unter den Bäumen, vorwärts eingeparkt, ohne Besatzung. Also an anderer Stelle als der Zeuge L. Es könnte sich aber auch um dasselbe Auto gehandelt haben. Jedenfalls bestätigt jede Beobachtung die andere. Der oder die Streifenwagen, die die Zeugen L. und K. sahen, sind nicht identifiziert.

Um 13:52 oder 13:53 Uhr, das ergibt die Rekonstruktion, fährt der Zeuge R. aus Richtung Bahnhof kommend an der Theresienwiese vorbei über die Theresienstraße zur Otto-Konz-Brücke. Vor der Kreuzung Theresien-/Karlsruher Straße bemerkt er in der südlichen Einfahrt zum Festplatz ein Polizeifahrzeug. Fahrzeug Nummer vier, ebenfalls nicht identifiziert. An Beamte kann sich der Zeuge nicht erinnern. Es ist die zeitlich naheste Beobachtung zur Tat: fünf oder sechs Minuten später geschieht der Mord in etwa 150 Meter Entfernung. Die Zeugin W. sieht gegen 14 Uhr an genau der Kreuzung Theresien-/Karlsruher Straße einen heraneilenden untersetzten Mann, 1.70 bis 1.75 Meter groß, 30 bis 35 Jahre alt, dessen linke Körperseite blutverschmiert ist und der in ein wartendes Auto einsteigt. Wenn er einer der Täter war, muß er an der Stelle vorbeigerannt sein, wo Polizeiauto Nummer vier kurz vorher stand.

Es gibt weitere korrespondierende Aussagen von Zeugen, die beim Vorbeifahren auf oder an der Theresienwiese Polizeiwagen wahrgenommen haben wollen. So sieht gegen 13:45 Uhr der Zeuge M. einen Streifenwagen von der Otto-Konz-Brücke, also aus Richtung Böckingen, kommend nach links in die Theresienstraße einbiegen, die an der Theresienwiese entlang führt. Kiesewetter und Arnold konnten das nicht gewesen sein. Sie kamen später und sie kamen aus anderer Richtung. Möglicherweise eines der Fahrzeuge, die Zeugen auf der Theresienwiese sahen.

Mindestens drei, vielleicht sogar vier Polizeiautos vor dem Anschlag in unmittelbarer Tatortnähe. Verdächtig ist aber vor allem: keines ist identifiziert. Wer sie gefahren hat, läßt sich in den Ermittlungsakten nicht erkennen. Die Ermittler sind diesen Spuren nicht nachgegangen. Sie wurden nicht systematisiert. Es wurden nicht einmal Fragen dazu aufgeworfen. Eher scheint es, als seien die Beobachtungen der Zeugen im Aktenwerk gut versteckt und vergraben worden.

Haben die Ermittler in Heilbronn Spuren verwischt? Denn ungeklärt ist folgende Merkwürdigkeit: Am Tag vor der Tat, also am 24. April 2007, machte der Streifenbeamte Patrick H. zusammen mit seiner Kollegin Elke S., beide ebenfalls von der Bereitschaftspolizei Böblingen, auf der Theresienwiese Pause. In einer angeblichen ersten Vernehmung von H. durch die Kripo in Heilbronn im Juli 2007, soll der Beamte angegeben haben, am Tatort „noch nie Pause“ gemacht zu haben. Das bestreitet H. entschieden, als er Jahre später, im Oktober 2010, bei Nachermittlungen durch das LKA davon erfährt. Die angebliche Erstvernehmung ist ganz offensichtlich konstruiert und gefälscht. Nur von wem und warum? Um davon abzulenken, daß der Anschlag gezielt Michèle Kiesewetter galt? Denn, wenn Patrick H. und seine Kollegin am Tag vorher auf der Theresienwiese parkten, hätten gut auch sie diese „Zufallsopfer“ sein können, so wie die Bundesanwaltschaft den Überfall deutet. Haben die Täter also auf eine bestimmte Streife gewartet? Damit Kiesewetter aber als zufälliges Anschlagsziel erscheint, mußte die Streife vom Vortag aus der Welt geschafft werden. Das wiederum würde bedeuten, daß es in der heilbronner Kriminalpolizei ein Wissen um diesen Zusammenhang gab. Welcher Beamte hat die gefälschte Vernehmung von Patrick H. unterschrieben? Von H.s Kollegin S. liegt keine Vernehmung vor. Die Polizistin ist nach Thüringen versetzt worden. Auch sie eine wichtige Zeugin. Und noch ein Gedanke: Sollte der zweite Beamte der Streife, Martin Arnold, „geopfert“ werden, um zu verschleiern, daß der Mord speziell und einzig Kiesewetter galt?

Nicht weniger als 15 Beamte der Einheit aus Böblingen, zu der auch die Anschlagsopfer Kiesewetter und Arnold gehörten, waren am Tattag in Heilbronn. Warum so viele? Und warum tat fast die Hälfte ihren Dienst in Zivil? Gab es vielleicht Hinweise auf eine bevorstehende wie auch immer geartete Aktion? Und waren darin Beamte verwickelt?

Zwei notwendige Nachbemerkungen: Kriminaloberrat Axel Mögelin vom Landeskriminalamt (LKA) Baden-Württemberg sind diese Spuren bekannt. Er hat sie beim Ortstermin am 4. Mai 2015 in Heilbronn verschwiegen und damit den Untersuchungsausschuß und die Öffentlichkeit getäuscht. Doch auch dem Ausschuß selber waren diese Spuren bereits bekannt. Der Autor dieses Textes hat sie dem Gremium am 20. Februar vorgetragen. Die Abgeordneten waren also informiert genug, um den LKA-Vertreter nach diesen Spuren fragen zu können. Auch Ausschußmitglied Nikolaos Sakellariou, der neuerdings angibt, erst seit der Tatortbegehung am 4. Mai kundig genug zu sein, um kritische Fragen stellen zu können. Offensichtlich wollte er gar keine kritischen Fragen stellen. Was aber sucht ein Abgeordneter, der keine Fragen hat, in einem Untersuchungsausschuß?

Am 22. Mai will der Untersuchungsausschuß von Baden-Württemberg zwei Leiter der SoKo Parkplatz, die im Kiesewetter-Mord ermittelte, und den verantwortlichen Staatsanwalt von Heilbronn vernehmen.

Thomas Moser

NSU-Untersuchungsausschuss des Landtags von Baden-Württemberg von Thomas Moser

NSU-Untersuchungsausschuss des Landtags von Baden-Württemberg
Spuren – Fragen – Widersprüche

Daß Journalisten von einem Parlamentsausschuß eingeladen werden, ist ungewöhnlich. In der Regel veröffentlichen sie, was sie wissen. Und ihre Unabhängigkeit verlangt Distanz zu den staatlichen Gewalten. Daß nun Journalisten und Autorinnen vor dem Untersuchungsausschuß zum Komplex NSU gehört werden, ist vor allem Ergebnis jahrelanger Versäumnisse. Wenn ich heute auf mein Zeugnisverweigerungsrecht weitgehend verzichte und Ihnen zur Verfügung stehe, dann weil dieser Ausschuß auch eine Form der Öffentlichkeit darstellt. Vor allem aber, weil der NSU-Komplex kein normaler Kriminalfall ist. Im Gegenteil: Er hat begonnen, alles zu sprengen. Er hat bereits demokratische und rechtsstaatliche Strukturen beschädigt. Mich betrifft das deshalb nicht nur als Journalist. Was wir bisher an Hintergründen wissen und an Vertuschungen erleben, muß die Allgemeinheit alarmieren.

Wir wissen nicht, wie es war. Wir wissen nur, wie es nicht war. So, wie es die Bundesanwaltschaft darstellt, war es nicht. Damit sind wir mitten im Problem.

Ich will Ihnen einige Kenntnisse vortragen, Hinweise auf Spuren und Ermittlungsansätze geben, auf offene Fragen und auf Widersprüche aufmerksam machen – sowie methodische Vorschläge für den Umgang mit Quellen, Akten und Zeugen unterbreiten. Meine Informationsbasis sind unter anderem der Untersuchungsausschuß des Bundestages und der NSU-Prozeß in München. Ich will mit einem Musterfall beginnen, dem Sachverhalt „Stengel – Ogertschnik – V-Mann Erbse“.

Im August 2003 erfuhr das Landesamt für Verfassungsschutz von Baden-Württemberg durch den Hinweisgeber Torsten O. von der rechtsterroristischen Vereinigung namens NSU. Der Hinweisgeber soll mit der Gruppe in Verbindung gestanden und fünf Namen genannt haben, darunter Mundlos. Entgegengenommen hat die Information nach eigener Aussage, unter anderem vor dem Untersuchungsausschuß in Berlin, der LfV-Beamte Günter S. Der Beamte fertigte einen Bericht, den er dann im Amt auf Anweisung von oben vernichten mußte. Er machte noch einen Eintrag im Nadis, dem Informationssystem der Verfassungsschutzämter, und behielt einige Notizen bei sich.

Die Version von Günter S. wird vom LfV, vom Landeskriminalamt und laut LKA auch von Torsten O. bestritten. Das muß niemanden verwundern, wenn man sich bewußt macht, was es bedeutet, sollte die Version von Günter S. stimmen: Der Informant Torsten O. wäre dann nämlich Unterstützer oder sogar Teil des NSU gewesen. Er müßte sich heute also schwer belasten. Mehr noch: Auch das LfV Baden-Württemberg würde schwer belastet werden – denn Torsten O. war einmal V-Mann des LfV, Deckname „Erbse“. Das ist bestätigt, wenn auch mit Verspätung. Trifft also die Version von Günter S. zu, hätte das LfV einen unmittelbaren Kontakt zum NSU gehabt. Und zwar spätestens 2003, als bereits vier Menschen ermordet worden waren. Grund genug also für LKA und LfV alles zu leugnen.

Das LKA erklärt, Torsten O. würde bestreiten, was der LfV-Beamte Günter S. sage. Hier steht mindestens Aussage gegen Aussage. Verdächtig ist allerdings, daß LKA, LfV und Innenministerium einem Informanten mehr Glauben schenken als einem Beamten. Wir müssen aber nicht auf der Glaubensebene stehen bleiben. Es gibt Möglichkeiten und Kriterien der Überprüfung. Die Frage ist zum Beispiel: Wie wurde Torsten O. vernommen? Als Zeuge – oder als Beschuldigter? Das ist ein Unterschied. Als Beschuldigter mußte er nicht die Wahrheit sagen. Er muß sich nicht selbst belasten. Doch wenn er als Beschuldigter vernommen wurde, müßte gegen ihn ermittelt werden. Und wenn er als Zeuge vernommen wurde – hatte er dann eine Aussagegenehmigung? Ist es vielleicht so, daß Torsten O. als Beschuldigter belehrt und vernommen wurde und seine Vernehmung als die eines Zeugen präsentiert wird? Unter falschem Etikett sozusagen. Das muß als erstes geklärt werden.
Lassen Sie sich die Vernehmung von Torsten O. geben. Laden Sie ihn selber vor und befragen Sie ihn. Besorgen Sie sich die V-Mann-Akte von „Erbse“. Von wann bis wann war er V-Mann? Was war sein Tätigkeitsfeld und wer hat ihn geführt? Hören Sie Günter S. an.

Eine weitere Merkwürdigkeit in dem Fall: Günter S. hat erklärt, nicht gewußt zu haben, daß der Hinweisgeber Torsten O. einmal V-Mann war, als er, S., von der Amtsspitze im August 2003 zu ihm geschickt wurde. Günter S. war im Bereich Wirtschaftsspionage tätig, V-Mann „Erbse“ im Bereich Rechtsextremismus. „Erbse“ ist ein Mann des früheren LfV-Präsidenten Helmut Rannacher, einst Leiter der Abteilung Rechtsextremismus, sowie seiner Nachfolgerin in der Abteilung REX, Bettina Neumann, heute Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV). Beide müssen gewußt haben, daß es sich bei Torsten O. um den V-Mann „Erbse“ handelte.
Warum wurde Günter S. zu ihm geschickt und warum wurde die V-Mann-Tätigkeit des Hinweisgebers gegenüber dem Beamten S. verschwiegen?

Es gibt einen bedenklichen Umgang mit dem Zeugen Günter S.
Im Bericht der EG Umfeld des Innenministers vom Februar 2014 steht, der Untersuchungsausschuß des Bundestages habe Herrn S. „letztlich als nicht glaubwürdig eingestuft“. Das ist unwahr. Der Ausschuß enthielt sich einer Bewertung und erklärte nur, der Widerspruch sei nicht zu lösen gewesen. Vielmehr zitiert der Ausschuß sogar einen Vermerk des BKA, in dem Günter S. bescheinigt wird, einen „sehr glaubwürdigen Eindruck“ gemacht zu haben.
Wie kommt das Innenministerium also zu einer solchen falschen Behauptung?

Im Gall-Bericht steht weiter, Günter S. habe angegeben, laut Torsten O. habe Uwe Mundlos ihn, Torsten O., in der Haft besucht. Doch Torsten O., so das Ministerium, sei zwischen 1998 und 2011 nicht in Baden-Württemberg in Haft gewesen, also habe Mundlos ihn gar nicht in der Haft besuchen können. Das Ministerium benutzt das als weiteren Beleg für die „Zweifel am Wahrheitsgehalt der Darstellung des Herrn S.“ Doch das Ministerium manipuliert. Denn: Günter S. hat den dargestellten Sachverhalt so nie geschildert. Er hat nie behauptet, Torsten O. habe ihm berichtet, von Mundlos im Knast besucht worden zu sein. Vielmehr hat Günter S. berichtet, Torsten O. habe laut eigener Aussage im Gefängnis Leute aus Ostdeutschland kennengelernt. Der Kontakt sei nach der Haftentlassung geblieben, und darüber sei er schließlich in Kontakt zu Leuten dieser Gruppe namens „NSU“ gekommen, u.a. Mundlos.
Fragen Sie das Innenministerium, warum es mit solchen Unwahrheiten operiert.

Die Geschichte von Günter S. ist noch nicht zu Ende. 2005 wurde er wegen der Affäre „NSU-Torsten O.“ vorzeitig in den Ruhestand versetzt. – Ich will das an der Stelle nur vermerken. – Er wird wegen seiner Aussagen von Vertretern der Exekutive fortgesetzt herabgewürdigt. Dennoch stellte er sich im Sommer 2013 erneut und freiwillig seiner Verantwortung. In verschiedenen Medien waren die 14 Phantombilder von Heilbronn erschienen und Günter S. will in einem der Bilder den Hinweisgeber von 2003, Torsten O., erkannt haben. Er ist sich so sicher, daß er dem Innenministerium in Stuttgart als pflichtbewußter Beamter Meldung macht. Dort wird der Hinweis auf unsagbare wie unprofessionelle Weise abgetan. Der Gall-Bericht dokumentiert diesen beschämenden Vorgang. Er dokumentiert die Blockade der Ermittlungen.

Der Hinweis von Günter S. besagt nicht mehr und nicht weniger, als daß ein V-Mann, oder ex-V-Mann, am Anschlagstag am Anschlagsort gewesen sein könnte. Der Mann war im Beisein von drei anderen Männern, die auf etwas warteten, so der Zeuge H., dem sie damals etwa eine dreiviertel Stunde vor der Tat auf der Theresienwiese auffielen und nach dessen Angaben das betreffende Phantombild gezeichnet wurde. Nach unseren Recherchen haben Torsten O. und der Mann auf der Theresienwiese nicht nur ein ähnliches Aussehen, sondern dieselbe Körpergröße und Statur.
Das gehört ermittelt und wird seltsamer Weise nicht ermittelt: Wo war Torsten O. am 25. April 2007? Hat er ein Alibi?

Torsten O. steht, wenn die Aussage von Günter S. stimmt, für die zahlreichen Verbindungen der Neonazi-Szene von Baden-Württemberg nach Ostdeutschland, die inzwischen vielfach belegt sind – nebenbei auch im Gall-Bericht. Der NSU nahm in Jena seinen Anfang, das zwickauer Trio war einst ein jenaer Trio. Auch nach Jena selber gibt es zahlreiche Kontakte von rechtsextremen Personen aus Ba-Wü. Unter anderem Nicole Schneiders, Michael Stingel, Michael Dangel, Martin S. und Wolfgang D. Nicole Schneiders und Michael Stingel verkehrten in Jena in einem Burschenschaftshaus, in dem auch die Mitglieder des Thüringer Heimatschutzes Ralf Wohlleben und André Kapke verkehrten. Wohlleben sitzt in München vor Gericht. Gegen Kapke wird wegen der Mordserie noch ermittelt.

Im Untersuchungsauftrag dieses Ausschusses steht, Punkt I.7.:
„…Es ist insbesondere zu klären, ob Mitglieder des Trios, ein wegen der Unterstützung der Straftaten des NSU vor dem OLG München Angeklagter oder eine andere Person auf der sogenannten 129er-Liste als V-Person oder Informant baden-württembergischer Sicherheitsbehörden geführt oder eingesetzt wurden…“ – Zitat ende.
Kompliment. Sie sind nach meinem Überblick das erste Gremium, das diese Frage so explizit formuliert. Es geht bei dieser Frage v.a. um den Angeklagten Ralf Wohlleben. – Ich habe das mehrfach beschrieben und kann es, wenn gewünscht, noch einmal ausführen. – Allerdings bezieht sich die mutmaßliche V-Mann-Tätigkeit Wohllebens nicht auf das LfV, sondern auf das BfV. Ich hoffe, das schmälert das Aufklärungsinteresse dieses Ausschusses nicht.

Zur Personalie Wohlleben gehört unmittelbar die Personalie Nicole Schneiders. Die Rechtsanwältin, die in München Ralf Wohlleben verteidigt, hat zwei Jahre lang, von 2001 bis 2002, in Jena studiert und war dort in der NPD die Stellvertreterin des NPD-Vorsitzenden Wohlleben. Der Untersuchungsausschuß des Bundestages hat sich vom LfV Unterlagen zu Schneiders kommen lassen. Das Innenministerium hat knapp 300 gefilterte und selektierte Seiten zusammengestellt. Sie sind zum Teil geschwärzt und darin fehlen wundersamer weise die jenaer Jahre. Beim LfV müssen aber mindestens vier ganze Ordner über Schneiders vorliegen. Zusätzlich beim IM (Innenministerium) ein weiterer Ordner über die Frau.
Lassen Sie sich sämtliche Ordner geben. Vollständig und ungeschwärzt.
Welche Kenntnisse hatte das LfV über die rechtsextreme Szene in Jena?

In den Unterlagen tauchen mehrere V-Leute auf. Zum Beispiel „VM Rose“, mutmaßlich eine V-Frau. Die Abkürzung „VM“ wird auch für Frauen benutzt. Lassen Sie sich den Klarnamen von V-Frau Rose geben und die vollständige Akte. Es gibt um Nicole Schneiders herum mindestens sechs bis sieben V-Leute. Lassen Sie sich die Klarnamen geben und die Akten.

Die LfV-Verantwortlichen Helmut Rannacher und Bettina Neumann haben vor dem U-Ausschuß in Berlin ausgesagt, mangels Quellen habe das Amt keinen Zugang zur rechtsextremen Szene in Ba-Wü gehabt. Auch der LfV-Verantwortliche Johannes Schmalzl ging in diese Richtung. Damit wollten sie erklären, warum die Taten und Kontakte des NSU im Land unentdeckt blieben. Die Aussagen der Zeugen vor dem berliner Ausschuß stimmen nicht. Das LfV hatte entgegen deren Behauptungen zahlreiche Quellen in der rechten Szene.
Konfrontieren Sie Rannacher, Schmalzl und Neumann damit.

Zu den Heilbronn-Ermittlungen.
In den Ermittlungsakten zum Mord auf der Theresienwiese werden sie auf bemerkenswerte Aussagen stoßen, aber auch auf irritierende, auf Widersprüche und sogar auf Aktenmanipulationen.

Verschiedene Zeugen sahen nach 14 Uhr an jenem 25. April 2007 drei blutverschmierte Männer nahe des Tatorts. Die Zeugin L.W. sah einem blutverschmierten Mann am südlichen Eingang zur Theresienwiese sekundenlang und nur wenige Meter entfernt ins Gesicht. Seine linke Körperseite war blutbesudelt. Sie hatte ihn frontal vor sich. Wer die Stelle in Augenschein nimmt, erkennt, warum das so war. Die Zeugin W. ist glaubhaft. Der Erste Staatsanwalt von Heilbronn, Christoph Meyer-Manoras, bescheinigte ihr dagegen „Unglaubwürdigkeit“. – Die Gründe, die der Staatsanwalt angibt, sind mutwillig. Außerdem hat er dem Untersuchungsausschuß in Berlin den Sachverhalt nicht korrekt vorgetragen. Wenn gewünscht, erläutere ich das. – Von dem blutverschmierten Mann wurden zwei Phantombilder erstellt. Ein Zeuge, der an anderer Stelle, weiter südlich, einen blutverschmierten Mann sah, blutverschmiert rechts, ist eine V-Person der heilbronner Polizei. Auch von diesem blutverschmierten Mann wurde ein Phantombild erstellt. Der verantwortliche Staatsanwalt von Heilbronn bezeichnete auch diesen Zeugen als unglaubwürdig. Der Zeuge A.M. sah einen Mann, der im Neckar seine blutverschmierten Hände wusch und der in Begleitung einer Frau und eines zweiten Mannes war. Von dem Blutverschmierten und der Frau wurden Phantombilder erstellt. Bei den drei Blutverschmierten handelt es sich um drei verschiedene Männer. Die SoKo Parkplatz ging aufgrund dieser korrespondierenden Zeugenaussagen davon aus, daß die Tat von vier bis sechs Personen begangen wurde. Auch Martin Arnold, der schwerverletzte Beamte, ließ ein Phantombild erstellen. Laut Bericht der SoKo Parkplatz vom April 2011 zeige es „mit hoher Wahrscheinlichkeit den Täter.“ Kein einziges der Phantombilder – insgesamt zwölf verschiedene Männer – ähnelt aber Böhnhardt oder Mundlos. Das Phantombild der Frau nicht Zschäpe.

Das LKA wollte drei der Phantombilder für die Fahndung herausgeben. Der Erste Staatsanwalt von Heilbronn untersagte das. Doch die Phantombilder haben eine Relevanz. Sämtlichen Polizeibeamten aus Böblingen und Heilbronn wurden die Phantombilder vorgelegt – mit zum Teil verstörendem Ergebnis. Dazu komme ich noch. 2012 wurden den heilbronner Zeugen, nach deren Angaben die Phantombilder erstellt wurden, Fotos von Böhnhardt, Mundlos, Zschäpe und dem Angeklagten Holger Gerlach vorgelegt. Niemand erkannte unter den vieren jene Person, die ihm damals aufgefallen war.

In den Akten werden Sie dann auf eine Spur stoßen, die nicht restlich geklärt ist: Am Tattag soll ein Angler russischer Herkunft auf Höhe des Trafohäuschens, wo der Mord geschah, am Neckar geangelt haben. Er soll Bekannten gegenüber mitgeteilt haben, er wüßte, welche Nationalität die Täter hatten, denn er habe sie reden gehört. Anzunehmender weise eben Russisch. „Russisch“ – das korrespondiert z.B. mit der Wahrnehmung jenes Zeugen, der einen blutverschmierten Mann, blutverschmiert rechts, in ein Auto springen sah, dessen Fahrer „dawei, dawei!“ rief.
Fragen Sie die Zielfahndung des LKA, die nach diesem Angler gesucht haben will, warum sie ihn nicht gefunden hat.

Waren beim Anschlag Polizisten in der Nähe?
Der Zeuge A.K. passierte am Tattag gegen 13.45 Uhr, also bevor Kiesewetter und Arnold auf der Theresienwiese ankamen, – das war gegen 13:55 Uhr – mit seinem Fahrrad von Böckingen kommend die Theresienwiese. Dabei bemerkte er auf dem Platz ein parkendes Polizeifahrzeug, jedoch nicht am Trafohaus, wo die späteren Opfer parkten. Ein unidentifiziertes Polizeiauto auf der Theresienwiese? Es gibt dazu weitere Beobachtungen: Der Zeuge M.K. sah gegen 13:45 h einen Streifenwagen der Polizei von der Otto-Konz-Brücke kommend in die Theresienstraße einbiegen, die an der Theresienwiese entlang führt. Kiesewetter und Arnold konnten das nicht gewesen sein. Sie nahmen einen anderen Weg, kamen vom Polizeirevier, fuhren durch die Innenstadt und am Bahnhof vorbei über die Frankfurter Straße zur Theresienwiese. Der Zeuge E.R. fuhr gegen 13.50 h aus Richtung Bahnhof kommend über die Theresienstraße zur Otto-Konz-Brücke. Vor der Kreuzung Theresienstraße-Karlsruher Straße bemerkte er in der Einfahrt zur Theresienwiese ein Polizeifahrzeug.
Also zwei Streifenwagen am Tatort, wenige Minuten vor dem Anschlag? Nicht ermittelte Spuren.

Nun zu den Vernehmungen der Polizeibeamten aus Böblingen und Heilbronn. Sie sind reich an Auffälligkeiten.
Die Polizeibeamtin Yvonne M., die mit Michèle Kiesewetter zusammengewohnt hat und wie sie in Ostdeutschland aufwuchs, sagt bei ihrer Vernehmung zunächst den Satz: „Eine Tat aus den eigenen Reihen schließe ich aus.“ Dann entwickelt sie ein verblüffendes Szenario: „Ich kann mir gut vorstellen, dass die Tat von mehreren begangen wurde, ich glaube sogar von mehr als nur zwei Personen. Die Frage kam damals auch auf, ob das am hellichten Tag an diesem Ort Sinn macht. Wenn man am Tatort steht, dann merkt man, dass die Täter nicht unbedingt auffallen müssen. Es fahren ständig Züge und es ist dann so laut, dass man einen Schuss vermutlich nicht hören wird. Wenn dann noch einige Mittäter an bestimmten Knotenpunkten als Streckenposten aufgestellt werden und die Passanten mit „unauffälligen Fragen“, z.B. Frage nach dem Weg, einer Straße oder so ähnlich, aufhalten, dann muss das keiner bemerkt haben. Manchmal sind es auch ganz belanglose Dinge, die so unauffällig sind, dass man sie z.B. als Zeuge gar nicht erwähnt. Wenn ich am Tattag z.B. nach dem Weg gefragt werde, dann ordne ich das nicht dem Mordfall zu. Ich denke daher auch, dass es eine geplante Tat war.“ – Zitat ende.
Wie kommt die Beamtin auf ein solches Szenario?

Interessanterweise passen dazu verschiedene Beobachtungen von Zeugen. Die Zeugin T.F. und der Zeuge T.B. sahen gegen 14 Uhr unabhängig voneinander drei Männer, die vom Tatort Richtung Norden, Hafenstraße, flohen. Es paßt die Wahrnehmung jenes Zeugen, dem etwa eine dreiviertel Stunde vor der Tat eine Gruppe von vier wartenden Männern auffiel. Und der Zeuge Peter S., der kurz nach 14 Uhr die Opfer liegen sah und daraufhin bei Taxifahrern am Bahnhof als erster Meldung über die Tat machte, berichtete vor dem Oberlandesgericht in München Folgendes (21.1.2014): Auf dem Radweg von Böckingen an der Theresienwiese vorbei Richtung Bahnhof sei, als er die Opfer entdeckte, „ungeheuer viel los“ gewesen. Doch als er kurz darauf vom Bahnhof zurückkam, sei „kein Mensch mehr dagewesen“. Und wörtlich: „Das war wie verhext.“ Ein solches Szenario, wie es die Polizistin Yvonne M. entwickelte, paßt schließlich auch zu der Annahme der SoKo Parkplatz von den vier bis sechs Tätern. Konservativ gerechnet. Progressiv könnten es sogar fünf bis zehn Täter gewesen sein.

Das Motiv für die Tat fehlt bislang.
In den Vernehmungen der Beamten wird die Hypothese formuliert, es handle sich um einen „lauten Mord“. Am hellichten Tag, mitten in der Stadt, vor allen Leuten – damit sollte ein Zeichen der Stärke und Unangreifbarkeit der Täter-Gruppierung gesetzt werden. Die Opfer seien ein „Ersatzziel“ gewesen, vielleicht für die Einheit. Nicht weniger als 15 Beamte der BF-Einheit aus Böblingen waren am Tattag in Heilbronn – und das, obwohl die BFE-ler die Anweisung hatten, Urlaub zu machen und Überstunden abzufeiern.
Warum also waren dennoch so viele in Heilbronn? Und warum tat fast die Hälfte ihren Dienst in Zivil? Gab es vielleicht Hinweise auf eine bevorstehende Aktion? Waren darin Beamte verwickelt?

Allen vernommenen Beamten wurden die 14 Phantombilder vorgelegt.
Der Beamte Danyel K. sagt (13.10.2010): Bei dem Phantombild der Frau „könnte es sich um die Kollegin Yvonne M. handeln“. Der Beamte Thomas K. sagt, die Phantombild-Frau mit dem Kopftuch komme ihm vertraut vor. Er komme aber nicht drauf, wem sie ähnlich sehe. Der Beamte Jochen R. sagt (14.10.2010), das Phantombild des Mannes, blutverschmiert links, „sieht so ähnlich aus, wie der Kollege S. Er war an dem Tag im Einsatz, am Bahnhof und zwar in zivil.“ Der Beamte Reiner M., Polizeidirektion Heilbronn, sagt zu dem Phantombild, das der angeschossene Beamte Arnold erstellen ließ: „Die Person gibt es. Ich würde sagen, daß der schon mal in einer Sache bei mir auf der Dienststelle war.“
Es gibt noch mehr Bemerkungen dieser Art über Ähnlichkeiten von Phantombildern mit realen Personen.

Die Akten sind unvollständig.
In einem Aktenvermerk vom Dezember 2010 bemängelt die SoKo Parkplatz, daß Unterlagen der Bereitschaftspolizei Böblingen „nicht vollumfänglich vorliegen“. In diesen Unterlagen geht es u.a. um die „NoeP“-Tätigkeit von Michèle Kiesewetter – NoeP steht für „Nicht offen ermittelnde Polizistin“.

Bei drei Beamten – Rainer B., Mathias H. und Patrick H. – stößt man auf folgende Merkwürdigkeit: Bei ihren Vernehmungen im Jahr 2010 wird ihnen ihre angebliche Erstvernehmung von 2007 vorgehalten. Alle drei erklären – unabhängig voneinander – damals gar nicht vernommen worden zu sein. Die Vernehmung nun, im Oktober 2010, sei ihre erste Vernehmung. Sie bestätigen gleichzeitig aber, daß die Unterschrift auf dem letzten Blatt der angeblichen Erstvernehmung ihre Unterschrift sei.
Der Sachverhalt kommt offensichtlich auch der SoKo Parkplatz verdächtig vor. Die Sachbearbeiterin macht dazu einen extra Vermerk. Er ist „VS – nfD“ eingestuft. Warum? Weil die Manipulation geheim bleiben sollte? In den vorliegenden Ermittlungsakten wiederum finden sich diese angeblichen Erstvernehmungen von 2007, die den drei Beamten vorgehalten wurden, nicht mehr.
Eine doppelte Aktenmanipulation also? Fingierte Vernehmungen von 2007 – die dann aus den Ermittlungsakten herausgenommen wurden?

Der Beamte Patrick H. sagt in der Vernehmung 2010: Er habe am Tag vor der Tat auf der Theresienwiese Pause gemacht, zusammen mit der Kollegin S. Die Kollegin S. wurde später nach Thüringen versetzt. Von ihr liegt keine Vernehmung vor. In seiner angeblichen, von ihm bestrittenen Erstvernehmung soll der Beamte H. angegeben haben, am Tatort nie Pause gemacht zu haben.
Haben die Ermittler in Heilbronn Spuren verwischt?

Der Beamte Rainer B., der seine angebliche Erstvernehmung bestreitet, ist einer von vier Beamten, deren DNA an der Bekleidung von Kiesewetter und Arnold gefunden wurden. Wie die dort hin kam, können die Ermittler nicht sagen. Der Polizeibeamte Daniel S. war am Tattag in Heilbronn. Laut Akten kontrollierte er nach der Tat von 14.45 Uhr bis 14.55 Uhr, also ganze zehn Minuten lang, Passanten auf der Theresienwiese. Auch von Daniel S. wurden DNA-Spuren an Gürtel und Hose von Martin Arnold gefunden. Eine Vernehmung von Daniel S. findet sich nicht in den Unterlagen.
Gehen Sie diesen Ungereimtheiten in den Akten auf den Grund.

Offene Fragen zu einigen Personen – zunächst Martin Arnold.
Er wurde am 25. April 2007 mit seiner schweren Kopfverletzung ins Klinikum Ludwigsburg geflogen und dort mehrfach operiert. Am 15. Mai, nach drei Wochen, wurde er zur Rehabilitation nach Neresheim ins SRH-Fachkrankenhaus gebracht. Aus Ärztekreisen in Ludwigsburg stammt eine Information, daß Arnold drei Tage nach seiner Einlieferung in Ludwigsburg, also etwa am 28. April, kurzzeitig weggebracht worden sein soll. Diese Information wurde vom Klinikum Ludwigsburg nicht dementiert, sondern es wurde auf die zuständigen Behörden verwiesen. Das Innenministerium verweigerte die Auskunft. Ebenso die Bundesanwaltschaft. Ein Kollege erhielt allerdings auf die selbe Frage die Auskunft, Arnold sei – Zitat – „kurz nach seiner Noteinlieferung in Ludwigsburg ins Fachkrankenhaus Neresheim verlegt“ worden. Man kann diese Auskunft so interpretieren: Die Information, Arnold wurde verlegt, wird bestätigt, aber mit dem falschen Ort zu falschen Zeit vermengt.
Wurde der schwerverletzte Beamte tatsächlich – kurzzeitig – weggebracht? Wenn ja, wohin? Wer hat das veranlasst? Und vor allem: Warum?

Alexander Horn.
Der Vermieter des Wohnmobils aus Chemnitz, das von Böhnhardt unter dem Namen Gerlach angemietet worden war, das am 25. April 2007 mutmaßlich in Heilbronn war und das jedenfalls bei der Ringfahndung in Oberstenfeld eine halbe Stunde nach der Tat ostwärtsfahrend registriert wurde (Kz. C-PW 87) – dieser Vermieter war am 25. April 2007 ebenfalls in Heilbronn. Das ergab seine Befragung vor dem OLG in München. (12.11.2013) Der Grund sei gewesen, daß er einen Gebrauchtwagen angeschaut habe, irgendwo „in einem Gewerbegebiet“. Er habe das Fahrzeug gekauft und direkt mitgenommen. Und dann auf Nachfrage von Nebenklageanwälten: Das Fahrzeug existiere aber nicht mehr, weil es bei der Überführung nach Chemnitz einen Unfall „mit Totalschaden“ gehabt habe. Bei seiner Vernehmung durch das BKA bzw. LKA (Ba-Wü/Regionaler Ermittlungsabschnitt) im Dezember 2011 (22.12.2011) hatte Horn dagegen erklärt, er habe in Heilbronn keine Geschäftspartner und sich dort am 25. April 2007 auch nicht aufgehalten. Die Bundesanwaltschaft hat nach Horns Aussage vor dem OLG angekündigt, den Sachverhalt (gekauftes und verunfalltes Fahrzeug) ermitteln zu wollen. Ob das geschah und wenn ja, mit welchem Ergebnis entzieht sich meiner Kenntnis.
Fragen Sie nach: Wurde ermittelt und was ergaben die Ermittlungen? Lassen Sie sich die Unterlagen geben.

V-Frau „Krokus“ des LfV Baden-Württemberg.
Sie macht Aussagen, die ihr ehemaliger V-Frau-Führer bestreitet. Sie will 2006 Zschäpe in Ilshofen und Böhnhardt in Erlenbach getroffen haben. Sie erklärt, von 2006 bis 2012 als V-Person gearbeitet zu haben, also schon zur Zeit des Anschlages. Ihr V-Frau-Führer Rainer O. dagegen behauptet, sie sei erst nach dem Mord rekrutiert worden und sei von Sommer 2007 bis 2010 als Informantin tätig gewesen. Das läßt sich überprüfen. Zum Beispiel anhand der Personaldaten im LfV. Im Fall „Krokus“ steht Aussage gegen Aussage. Der U-Ausschuß des Bundestages in Berlin hat nur den LfV-Beamten O. gehört, nicht die V-Frau. Das muß nachgeholt werden. Der Fall zeigt nebenbei, daß es keinen Sinn macht, nur V-Mann-Führer zu hören. Im Gegenteil: An erster Stelle müssen die V-Leute gehört werden. Sie sind die unmittelbareren Zeugen.

Tino Brandt.
Der Neonazi-Aktivist des Thüringer Heimatschutzes und V-Mann des Verfassungsschutzes war Besitzer eines Hauses in Hardthausen nördlich von Heilbronn von 2004 bis 2008. Laut Innenministerium und laut Brandt selber habe er nicht in dem Haus gewohnt. Unklar ist bis heute, wer sich möglicherweise dort aufgehalten hat und wofür das Haus genutzt wurde. Theoretisch vorstellbar ist, daß es sich um eine konspirative Wohnung gehandelt hat, in der Treffen von V-Mann-Führern mit V-Leuten stattfanden. In Hardthausen lebt der ehemalige NPD-Aktivist und V-Mann des LfV, M.L. Und es gibt Hinweise auf einen weiteren V-Mann dort in der NPD. Die Person M.L., ehemals Landeschef der NPD-Jugendorganisation JN (Junge Nationaldemokraten) hatte Kontakte nach Thüringen. Unter anderem zu Patrick Wieschke aus Eisenach, früherer JN-Chef von Thüringen, heute NPD-Landeschef. Wieschke zählt zum NSU-Umfeld. Mit ihm wiederum hängt Carsten Schultze zusammen, ehemals zweiter JN-Chef von Thüringen, heute Angeklagter in München. Und mittendrin der Spitzel und NPD-Funktionär Tino Brandt. Brandt hat in München vor dem OLG ausgesagt (16.7.2014), er habe das Haus in Hardthausen damals für einen „Geschäftsmann aus Thüringen“ gekauft.
Wer ist dieser „Geschäftsmann“ und was tat er?

Der Fall Florian Heilig.
Dazu an dieser Stelle nur ein Gedanke: Die Todesermittlungen wurden von der stuttgarter Polizei durchgeführt. Die Ermittlungen im Zusammenhang mit NSU und dem Heilbronn-Mord jedoch liegen in den Händen der Bundesanwaltschaft. Dort liegen mindestens zwei Vernehmungen mit Heilig vor, die bisher nicht bekannt sind und auch dem Untersuchungsausschuß des Bundestages nicht zur Verfügung gestellt wurden.
Auch hier gilt: Lassen Sie sich diese Akten aus Karlsruhe kommen, ungeschwärzt.

Der Innenminister hat dem Ausschuß zehntausende Aktenseiten geliefert. Überprüfen Sie, ob sie vollständig sind. Akzeptieren Sie keine Herausnahmen von Blättern und keine Schwärzungen durch Behörden, die Ihr Untersuchungsgegenstand sind. Akzeptieren Sie keine geheimschutzlichen Einstufungen durch Organe des Sicherheitsapparates, die an der Verhinderung der Aufklärung beteiligt sind. Und die sogar im Verdacht stehen, in die Mordserie verstrickt zu sein. Keine Aussagegenehmigungen, die nämlich immer Aussageeinschränkungen sind. Geheimschutz ist Täterschutz. Sie sind als Gremium des Parlamentes unabhängig und nicht der Exekutive nachgeordnet.

Auch nach drei Jahren wissen wir nicht, was der NSU-Komplex genau war und ist. Wir kennen aber Bestandteile: das sind Neonazis, der Verfassungsschutz, die organisierte Kriminalität sowie die Polizei. Wie sie zusammenhängen, das müssen wir alle herausfinden. Böhnhardt, Mundlos, Zschäpe waren ein Teil dieses Geflechtes.

Schlußbemerkungen.
Im Januar 2012 hat der Bundestag seinen Untersuchungsausschuß zum Thema NSU eingesetzt. Seine Fortsetzung ist nur eine Frage der Zeit. Im Februar 2012 folgte der U-Ausschuß in Thüringen, dessen Fortsetzung bereits beschlossen ist. Im April 2012 begann der U-Ausschuß in Sachsen, im Juli 2012 der in Bayern. Im Jahr 2014 rangen sich die Parlamente in Hessen, NRW und Baden-Württemberg zu einem U-Ausschuß durch. Nach drei versäumten Jahren.

Was geschah in Baden-Württemberg? Nach dem Bekanntwerden des NSU im November 2011 erklärte der Innenminister, alle Ermittlungen seien von da an darauf ausgerichtet gewesen, die Täterschaft von Böhnhardt und Mundlos nachzuweisen. Das war tendenziös – und ist gescheitert. Es erbrachte quasi sogar den Gegenbeweis. Ermittlungsbericht BKA, Oktober 2012, im Wortlaut: „Ein eindeutiger Nachweis, daß Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos am Tattag in unmittelbarer Tatortnähe in Heilbronn waren, konnte bislang nicht erbracht werden.“ Fragen Sie sich, warum die Bundesanwaltschaft das Gegenteil behauptet. Die Frage steht zwar nicht im Untersuchungsauftrag – aber sie steht für alle sichtbar im Raum

Vor zwei Jahren setzte der Innenminister dann die sogenannte Ermittlungsgruppe Umfeld ein, um den NSU-Komplex aufzuklären. Eine Ermittlungsgruppe, die ihren Namen nicht verdient hat. Sie hat nicht ermittelt, sondern lediglich Befragungen durchgeführt. Etikettenschwindel und Hochstapelei könnte man sagen. Etwa ein Drittel der KKK-Mitglieder (Ku-Klux-Klan) verweigerte gegenüber der EG schlicht die Antwort. KKK-Mitglied und V-Mann „Corelli“ wurde nicht mal angesprochen. Jetzt geht es nicht mehr.

Vor einem Jahr veröffentlichte der Innenminister den Bericht dieser EG Umfeld. Er wurde durch alle Fraktionen hindurch hoch gelobt. Besser könne es ein Untersuchungsausschuß nicht machen, erklärte ein SPD-Abgeordneter, der heute als Obmann hier in diesem UA sitzt. Im O-Ton sagte er unter anderem: „Der Bericht der EG Umfeld ist gerade deshalb so gut, weil er nicht alle Fragen beantwortet.“ Ähnlich der Obmann der FDP. Auch er sprach sich entschieden gegen einen Untersuchungsausschuß aus und sagte wörtlich: „Natürlich sind nicht alle Rätsel gelöst – sie können wahrscheinlich auch nicht gelöst werden.“ Und der CDU-Vertreter, der heute der stellvertretende Vorsitzende dieses UAs ist, meinte: Ein Untersuchungsausschuß bringe keinen Gewinn. Wie es weiterging, ist inzwischen Landesgeschichte: Nach der EG Umfeld kam die Enquetekommission, um zu verhindern, daß ein UA eingerichtet wird. Diese Kommission fiel zusammen wie ein Kartenhaus. Daß dann urplötzlich wie Phönix aus der Asche dieselben Abgeordneten einen NSU-Untersuchungsausschuß installierten, die ihn bis dahin energisch bekämpften, macht uns – macht mich – mißtrauisch.

Ich sehe ein Problem darin, wenn Abgeordnete ihr eigenes früheres Regierungshandeln aufarbeiten sollen.

Ich vermisse andererseits hier Abgeordnete, die in den letzten drei Jahren nicht untätig herumsaßen oder mauerten, sondern die sich bemühten aufzuklären. Zum Beispiel der Abgeordnete Daniel Lede Abal. Er forderte seit Jahren diesen U-Ausschuß. Er hat sich in der Materie kundig gemacht, Gespräche geführt, recherchiert. Vielleicht der Abgeordnete des Landtages, der sich am besten im NSU-Komplex auskennt. Er sitzt nicht in diesem Ausschuß, weil ihn der Bannstrahl der größten Fraktion traf. Er hat gelogen, richtig, das gehört sich nicht. Doch die CDU mißt mit zweierlei Maß. Die Unwahrheiten des Innenministers akzeptiert sie, sie passen ihr ins Konzept. Obendrein wage ich zu bezweifeln, daß einer Partei, die ebenfalls drei Jahre lang die Aufklärung verhinderte, die Legitimation fehlt, in dieser Weise zu richten. Wollte sie die Affäre benutzen, um einen qualifizierten Abgeordneten loszuwerden? Kurz: Beenden Sie den kleinkarierten Bannstrahl gegen Daniel Lede Abal und sorgen Sie dafür, daß er hier Platz nehmen und mitarbeiten kann. Sie brauchen seine Kompetenz. Sie haben keine Ressourcen zu verschleudern.

Vorletzter Punkt: Eine Initiative von Bürgern begleitet und beobachtet diesen Ausschuß kritisch. Protokolliert das Gesagte und kommentiert es. Das ist gut. Sehen Sie darin nicht lästige Störenfriede, sondern begreifen Sie diese Öffentlichkeit als Ihren Bündnispartner. Wir Journalisten, die Dutzende von engagierten Opferanwälten, Abgeordneten und auch tatsächliche Ermittler – wir allein können den NSU-Komplex nicht lösen. Wir brauchen die maximale Öffentlichkeit. Die Aufklärung muß zur nationalen Sache werden.

Und deshalb ein allerletzter Vorschlag: Übertragen Sie die Ausschußsitzungen live im Fernsehen und Radio.

20.2.2015, Thomas Moser